Roswitha Zytowski

Gina Plunder
Der imaginäre Raum
Malerei und Zeichnungen

Ausstellung 

im GEDOK-Künstlerinnenforum Karlsruhe

vom 22.02. – 23.03.2008

Einführung von

Roswitha Zytowski (M.A.)

Räume/architektonische Elemente sind prägend für Plunder

Räume sind für die Arbeiten von Gina Plunder von besonderer Bedeutung. 

Vieles, was wir sehen, erweckt bei uns den Eindruck von der Anwendung perspektivischer Mittel – bei genauerem Hinsehen fällt uns jedoch auf, dass Gina Plunder zwar unterschiedliche Raumgefüge schafft, jedoch nur sehr beschränkt auf die Mittel der Perspektivendarstellung zurückgreift.

Diese Räume sind nicht real: Kein Architekt hat sie konstruiert, niemand hat sie gebaut.

In ihren Arbeiten führt uns die Künstlerin durch imaginäre Räume. Optische Täuschungen spielen in diesen Arbeiten eine große Rolle. Die Künstlerin führt uns in diesen Räumen ein wenig in die Irre. Was uns zunächst wie ein gangbarer Weg erscheint, endet im Nichts. 

Wir als Betrachter können uns so auf neue Pfade begeben und die Räume und ihre Vielschichtigkeit erleben. 

Gina Plunder gelingt dies mit unterschiedlichen Mitteln.

In den Arbeiten von Gina Plunder entdecken wir häufig ein Architekturelement – den Bogen.

Mit ihm greift die Künstlerin ein wichtiges Architekturelement auf. Der Bogen, schon im Altertum eine bekannte Erfindung, ist für die Architektur und Konstruktion besonders bedeutsam. Zunächst trifft dies für die technisch-statische Hinsicht zu. Der Bogen konnte größere Mauerlasten tragen als der waagerechte Steinbalken. 

Der Rundbogen ist aber auch in ästhetischer Hinsicht von ganz besonderer Bedeutung. Er gibt der Wandöffnung eine Bekrönung und in seiner Reihung kommt es auf der Wand zu einem schwingenden Bewegungsablauf. Der Bogen gibt einen Teil des dahinterliegenden Raumes frei und stellt einen Durchgang für beide Seiten dar.

Für Gina Plunder stellt der Bogen in ihren Arbeiten eine Anlehnung an das Gestern dar. Eine Brücke zwischen der Kunst von gestern und heute. 

In ihren Kunstwerken spannt sie mit dem Bogen, der bei ihr ein Rund- bzw. Segmentbogen ist, eine Brücke zwischen gestern und heute – zwischen der Kunst vergangener Zeit und der heutigen Kunst.

Sie baut eine Brücke zwischen den antiken Wandmalereien aus Pompeji, in denen uns durch Säulen und Bögen Räume suggeriert werden, die nicht existieren. 

Die Künstlerin baut eine Brücke ins 18. Jahrhundert zu den Radierungen eines Piranesi, der sowohl echte als auch imaginierte Architekturwelten entwarf, und sie spannt den Bogen hin zu den menschenleeren Plätzen eines de Chirico aus dem 20. Jahrhundert.

Kristalline Formen

Den Eindruck von Räumlichkeit erreicht Plunder jedoch nicht nur mittels eines Bogens. Dieser stellt vielmehr nur ein Element in ihren Arbeiten dar.

Die eigentliche Räumlichkeit schafft Gina Plunder mit viel elementareren Mitteln. 

Es sind die Formen und Strukturen, die für alle ihre Arbeiten die Basis bilden. Es sind die Farben und Formen, die den Untergrund für ihre Raumkonstruktion stellen. 

Uns erinnern diese Untergründe an die Lichtbrechungen von Kristallen.  

Die Farben treten in den Vordergrund, scheinen mal durch Gitter hindurchzubrechen, ihre Richtung zu verändern, um dann wieder im Hintergrund zu verschwinden – so entsteht eine Dynamik. 

Gina Plunder greift mit den kristallinen Formen Aspekte aus der Natur auf. Sie schaut sozusagen der Natur über die Schulter, wie diese als Baumeisterin bei Kristallen agiert und Räume schafft.

Mit ihren Kristallstrukturen gelingt es Gina Plunder, eine besondere Räumlichkeit zu schaffen, die ihren Bildern als Basis dient. Diese Basis stellt die Ebene dar. Wir können es auch das Fundament nennen, dessen sich Plunder bedient, um mit zeichnerischen Mitteln neue Räume zu schaffen.

Räume, die uns einladen, sie zu durchschreiten und zu ergründen, um ein neues Sehen zu erfahren.

Roswitha Zytowski (M.A.)